Projektierung RWA / TRVB 125 / OIB 2.1

Projektierung von Entrauchungsanlagen

Allgemein

Entrauchungsanlagen werden in zwei Kategorien unterteilt werden, nämlich in Rauchableitungsanlagen (RAA), also in sogenannte Rauchverdünnungsanlagen, und in Rauchfreihaltungsanlagen, also in qualifizierte Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA).

Die beiden Anlagentypen unterscheiden sich wesentlich in der Berechnungsmethode und decken zudem unterschiedliche Schutzziele ab.

Rauchableitungsanlagen (RAA)

Diese Rauchverdünnungsanlagen werden auch als unqualifizierte Rauchableitungsanlagen bezeichnet.

Bei diesen Entrauchungsanlagen kann keine Aussage gemacht werden in Bezug auf

  • definierte raucharme Zone (freie Sicht) oder
  • definierte maximale Rauchschichttemperatur.

Es wird lediglich ein definierter Luftwechsel gewährleistet. Es handelt sich daher nur um eine Verdünnung der Brand- und Rauchgase.
Bereits bei kleinen Schadensfeuern kann es zur vollständigen Verqualmung im Brandraum kommen. Flucht- und Rettungswege werden daher nicht mehr rauchfrei gehalten. Ebenso kann es zu kritischen Temperaturen durch die heißen Brandgase an den tragenden Bauteilen kommen und dies kann in weiterer Folge zum Versagen der Standfestigkeit führen.

Bei natürlichen Rauchabzugsanlagen (NRA) wird die Größe der Abluftfläche im Regelfall über einen Prozentsatz abhängig von der Grundfläche definiert. Bei maschinellen Rauchabzugsanlagen (MRA) wird zur Festlegung des Abluftvolumenstroms im Regelfall eine Luftwechselrate definiert. Das gleiche gilt für die notwendige Zuluftnachströmung.

Rauchfreihaltungsanlagen │ Qualifizierte Rauch- und Wärmeabzugsanlagen

Bei diesen Entrauchungsanlagen, egal ob als natürlicher oder maschineller Rauchabzug ausgeführt, gibt es immer definierte Auslegungskriterien.

Die Ermittlung der notwendigen Öffnungsflächen (in m²) oder der notwendigen Abluftvolumenströme (in m³/h) erfolgt unter Berücksichtigung

  • der Brandlasten, welche immer abhängig sind von der Nutzung des Objektes,
  • der Gebäudegeometrie und
  • der Brandabschnittsflächen / Rauchabschnittsgrößen.

Zudem gibt es folgende weitere Auslegungskriterien, welche die Ergebnisse wesentlich beeinflussen:

  • die projektspezifisch definierte Höhe der raucharmen Schicht sowie
  • die Dicke der Rauchschicht und deren maximal zulässige Temperatur.

Es gibt unterschiedliche Berechnungsmethoden wie die notwendigen Abluft- und Zuluftflächen oder der notwendige Abluftvolumenstrom von qualifizierten Rauch- und Wärmeabzugsanlagen ermittelt werden kann.

Die Berechnungsmethode hängt von den nationalen Vorgaben und den projektspezifischen Auslegungskriterien ab.

Die Berechnung kann entweder nach normativen Bemessungsregeln (zum Beispiel TRVB 125 S, DIN 18232-2, VdS 2098, DIN 18232-5, prCEN TR 12101-5, …) oder mittels der mathematischen Ingenieurmethoden des Brandschutzes und unter Einbeziehung von computerunterstützten Brandsimulationen erfolgen.

Die angeführten normativen Berechnungsmethoden haben alle etwas gemeinsam.

Am Beginn der Dimensionierung muss folgendes spezifiziert und festgelegt werden:

  • das Schutzziel und
  • die allgemeinen Auslegungs- und Projektierungsparameter.

Die Installation von qualifizierten Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, egal ob natürlicher Rauchabzug (NRA) oder maschineller Rauchabzug (MRA) ist im Interesse der Bauherrn und der Betreiber von Objekten aller Art und aller Nutzungen.

Übersicht Entrauchungsanlagen

  Rauchfreihaltung Rauchverdünnung
Natürliche Entrauchung (NRA)
  • Natürliche Rauchabfuhr durch Auftrieb Brandrauchentlüftung (BRE) gemäß TRVB 125
  • Rauchableitungsanlagen (RAA) gemäß TRVB 125 – Anhang 7 oder 8
  • Rauchabzug in Stiegenhäusern gemäß TRVB 111
  • Rauchableitungsanlagen (RAA) gemäß OIB 2 sowie 2.1
Mechanische Entrauchung (MRA)
  • Mechanische Rauchabfuhr durch Ventilatoren Brandrauchabsaugung (BRA) gemäß TRVB 125
  • Rauchverdrängung durch Druckbelüftung (DBA) gemäß TRVB 112
  • Brandrauchverdünnungsanlagen (BRV) gemäß ÖNORM H 6029
Druckbelüftungsanlagen (DBA)
  • Rauchfreihaltung durch Belüftung unter Überdruck
  • Druckbelüftung (DBA) gemäß TRVB 112 S
 

OIB-Richtlinien

Die OIB-Richtlinien dienen der österreichweiten Harmonisierung der bautechnischen Vorschriften. Diese Richtlinien werden vom OIB (Österreichisches Institut für Bautechnik) herausgegeben und können nach deren zur Verfügungsstellung von den Bundesländern ins Bauordnungsrecht übernehmen werden.

Mit direkten Bezug auf den vorbeugenden Brandschutz gibt es folgende OIB-Richtlinien (per Stand April 2019):

  • OIB-Richtlinie 2 "Brandschutz"
  • OIB-Richtlinie 2.1 "Brandschutz bei Betriebsbauten"
  • OIB-Richtlinie 2.2 "Brandschutz bei Garagen, überdachten Stellplätzen und Parkdecks"
  • OIB-Richtlinie 2.3 "Brandschutz bei Gebäuden mit einem Fluchtniveau von mehr als 22 m".

Projektspezifische Schutzzieldefinition von Entrauchungsanlagen

Im Interesse der Bauherrn und der Betreiber von Objekten sollten immer qualifizierte Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA) und nicht nur Rauchverdünnungsanlagen (Rauchableitungsanlagen RAA) eingesetzt werden, auch wenn dies aus bauordnungsrechtlicher Sicht ausreichend wäre.

Durch die Installation von Rauchableitungsanlagen kann nicht gewährleistet und nicht sichergestellt werden, dass im Brandfall die Schutzziele

  • Personenschutz = Sicherung der Fluchtwege und
  • Sachwerteschutz = Reduzierung der Brandauswirkungen

erreicht werden.

Zur Bestimmung der Mindestanforderungen aus bauordnungsrechtlicher Sicht an Entrauchungsanlagen kann man folgenden OIB-Richtlinien heranziehen:

  • OIB-Richtlinie 2.1 "Brandschutz bei Betriebsbauten"
  • OIB-Richtlinie 2.2 "Brandschutz bei Garagen, überdachten Stellplätzen und Parkdecks",

OIB-Richtlinie 2.1 Brandschutz bei Betriebsbauten

Für Produktions- und Lagerräume erfolgen die Dimensionierung der RWA-Anlage und die Definition der technischen Mindestanforderung auf Basis der Netto-Grundfläche je Geschoß.

Netto-Grundfläche [ in m²] je Geschoß / je Bereich Mindestens erforderliche Entrauchungsanlage aufgrund bauordnungsrechtlicher Anforderungen
> 200 und ≤ 1.200*
  • Rauchableitungsanlage (RAA) mit Wand- und/oder Deckenöffnungen von mindestens 2% der jeweiligen Netto-Grundfläche ins Freie.
  • Bei Lagerabschnittsflächen >600 und ≤1.200 m² und Lagergüter der Kategorie III und einer Lagerguthöhe von ≥7,5 und ≤ 9 m oder Lagergüter der Kategorie IV und einer Lagerguthöhe von ≥4 und ≤7,5 m ist jedoch erforderlich:
    Rauch- und Wärmeabzugsanlage (RWA) gemäß TRVB 125 S
    Schutzziel: mindestens Unterstützung eines Feuerwehreinsatzes
  • Bei Lagerabschnittsflächen >600 und ≤1.200 m² und Lagergüter der Kategorie IV und einer Lagerguthöhe von ≥7,5 und ≤ 9 m ist jedoch erforderlich:
    Rauch- und Wärmeabzugsanlage (RWA) gemäß TRVB 125 S:
    Schutzziel: mindestens Reduzierung der Brandauswirkungen
> 1.200 und ≤ 1.800*
  • RWA gem. TRVB 125 Schutzziel: Unterstützung eines Feuerwehreinsatzes
> 1.800*
  • RWA gem. TRVB 125 Schutzziel: Reduzierung der Brandauswirkungen

* Tabelle 3: Lagerabschnittsflächen in Abhängigkeit von der Kategorie der Lagergüter, der Lagerguthöhe hL und der brandschutztechnischen Einrichtungen, ist zu beachten!

Schutzziele von RWA-Anlagen

Mit einer qualifizierten und dauerhaft funktionsfähigen Rauch- und Wärmeabzugsanlage können unterschiedliche Schutzziele erreicht und sichergestellt werden.

In Abhängigkeit der Höhe der raucharmen Schicht und vor allem in Abhängigkeit der maximal zulässigen Rauchschichttemperatur können dies sein:

Personenschutz = Sicherung der Fluchtwege

Dieses Schutzziel bedeutet:

  • Verhinderung der völligen Verqualmung im Gebäude, also
  • Rauchfreihaltung von Fluchtwegen
  • Rauchfreihaltung von Rettungswegen und Feuerwehrangriffswegen
  • Lokalisierung des Brandherdes.

Dieses Schutzziel kann erreicht werden durch die Sicherstellung einer raucharmen Zone in Kombination mit einer für Personen ungefährlichen Wärmestrahlung aus der Rauchschicht.
Bei Rauchschichttemperaturen von ≤ 250 °C ist keine Gefährdung der Personen durch Wärmestrahlung anzunehmen.

Gleichzeitig erfüllen RWA-Anlagen mit diesen definierten Auslegungskriterien auch noch folgende Schutzziele, nämlich

  • Sachwerteschutz
  • Umweltschutz.

Sachwerteschutz = Reduzierung der Brandauswirkungen

Dieses Schutzziel bedeutet folgendes:

  • Verhinderung der völligen Verqualmung im Gebäude, also
  • Rauchfreihaltung von Feuerwehrangriffswegen
  • Lokalisierung des Brandherdes
  • Abkühlung der Brand- und Rauchgase und dadurch
  • Reduzierung des Wärmestaus unter der Decke und Entlastung der tragenden Bauteile der Gebäudekonstruktion
    Reduzierung der Wärmestrahlung auf sonstige Bauteile, Gegenstände und Maschinen

sowie

  • Reduzierung der Gefahr eines Flash-over,

also den Übergang vom Entstehungsbrand zum Vollbrand durch das Zünden brennbarer Oberflächen im Raum aufgrund hoher Strahlungswärme aus der Rauchschicht.

Dieses Schutzziel kann erreicht werden durch die Sicherstellung einer raucharmen Zone in Kombination mit folgenden ungefährlichen Wärmestrahlungen aus der Rauchschicht:

  • Wärmestrahlung kleiner als 550 °C auf tragende Teile der Gebäudekonstruktion
  • Brennbare Lagerungen, Einrichtungen oder Dekorationen weisen einen geeigneten Mindestabstand zur Rauchschicht auf und deren Wärmestrahlung ist kleiner als 450 °C
  • Brennbare Lagerungen, Einrichtungen oder Dekorationen können in die Rauchschicht reichen, wenn nachgewiesen werden kann, dass deren geringste Zündtemperatur um 10% höher ist als die sich einstellende Rauchschichttemperatur.

Gleichzeitig erfüllen RWA-Anlagen mit diesen definierten Auslegungskriterien auch noch folgendes Schutzziel, nämlich:

  • Umweltschutz.

Umweltschutz = Unterstützung des Feuerwehreinsatzes

Dieses Schutzziel bedeutet folgendes:

  • Verminderung von Umweltschäden aufgrund
  • Qualifizierter Löschangriffe und
  • dadurch reduzierter Löschmitteleinsatz
  • verbunden mit reduzierten Löschschäden.

Projektierung von RWA-Anlagen | Allgemein

Die Auslegung und Dimensionierung von qualifizierten Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA), unabhängig ob als Natürlicher Rauchabzug (NRA) oder Maschineller Rauchabzug (MRA) ausgeführt, kann nach normativen Berechnungsmethoden oder nach anerkannten Ingenieurmethoden im baulichen Brandschutz erfolgen.
Als anerkannte normative Berechnungsmethoden gelten zum Beispiel:

  • DIN 18232, Teil 2: Rauch- und Wärmefreihaltung - Natürliche Rauchabzugsanlagen (NRA); Bemessung, Anforderungen und Einbau
  • DIN 18232, Teil 5: Rauch- und Wärmefreihaltung - Maschinelle Rauchabzugsanlagen (MRA); Anforderungen, Bemessung
  • VdS 2098: Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (NRA) - Planung und Einbau
  • VdS CEA 4020: Natürliche Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (NRA) - Planung und Einbau
  • CEN/TR (EN)12101-5: Anleitung zu funktionellen Empfehlungen und Rechenverfahren für Anlagen zur Rauch- und Wärmefreihaltung.

Die angeführten normativen Berechnungsmethoden haben alle etwas gemeinsam.
Am Beginn der Dimensionierung muss folgendes spezifiziert und festgelegt werden:

  • das Schutzziel und die allgemeinen Auslegungs- und Projektierungsparameter.

Dies bedeutet, es erfolgt immer eine individuelle Ermittlung der notwendigen aerodynamisch wirksamen Lüftungsflächen in m² bei NRA oder der notwendigen Volumenströme in m³/h bei MRA, unter Berücksichtigung folgender Parameter und Kenngrößen:

  • Bauliche Gegebenheiten und der damit verbundenen Raumgeometrien
  • Nutzung des Objektes beziehungsweise der jeweiligen Brand- und Rauchabschnitte und der damit verbundenen Brandlasten
  • Definierter rauchgasarmer Zonen oder Bereiche (=Sichtweiten)
  • Definierter maximal zulässiger Rauchschichttemperaturen